Schulleiter a.D. Dumonts Tagebuch

Dienstag, 18. Mai 2021


Tag 678 der Baustelle

Dienstags bin ich nur in Deidesheim. Jedes Mal, wenn ich aus dem Büro gehe – und das kommt mitunter oft vor – blicke ich durch das Flurfenster auf die Baustelle und kann auch kleinere Fortschritte entdecken. Heute etwa stand wieder ein LKW mit Fensterrahmen auf dem Hof. Aber dieses Mal sind sie für unseren Neubau bestimmt. Allerdings stand der LKW auch beim zweiten und dritten Verlassen des Büros unberührt am gleichen Platz. Erst das vierte Heraustreten aus dem Büro vergegenwärtigte mir den nun freien Platz, an welchem der LKW noch vorhin stand. Inzwischen hatte ein seltsam martialisch anmutendes Gerät mit nahezu mannshohen Reifen die Baustelle erreicht. Wäre es olivgrün, hätte ich auf ein Kriegsgerät getippt, aber es ist rot lackiert, mit einem silbergrauen Aufbau, der mich an die Gondel einer Seilbahn erinnert. Beim fünften Verlassen meines Büros – dieses Mal trat ich durch die Tür im Sekretariat auf den Flur – erblickte ich einen kleinen Kreis von in Abstand stehenden Menschen, die miteinander redeten. Ich erkannte den Baustellenleiter (inzwischen ist mir seine Silhouette auch von hinten bekannt) und machte mich flugs auf den Weg in den Hof zu der Baustellenbesprechung. Ja, es handelt sich um unsere Fenster. Sind die erstmal gesetzt, geht es an der Fassade weiter. Mein Tipp mit den Bohrlöchern war richtig: dort wird die Dämmung befestigt. Der Bauleiter schmunzelte, als ich ihm das Ergebnis meiner ungefähren Rechnung von über 700 Bohrlöchern erwähnte. „Das müssen Sie sich aber nicht so anstrengend vorstellen. Die benutzen richtige Industriemaschinen, nicht die aus dem Baumarkt. Diese Art von Maschinen können Sie sich gar nicht leisten, die gehen rein wie in Butter“. Ich fragte auch nach dieser seltsamen Maschine und erfuhr, dass es sich um einen Teleskopstapler handele. Er, der Bauleiter, würde sie aber immer nur „Manitou“ nennen und so sei sie in Baukreisen auch bekannt. Niemand würde von einem Teleskopstapler reden. Schon wieder klüger geworden.

Im Büro wartete schon der Örtliche Personalrat auf mich. Er wollte eigens ein Treffen mit mir allein haben, quasi als vorgezogene Verabschiedung mit Rückblick auf die vergangene Legislatur. Zwar ist der neue bereits gewählt und auch konstituiert, aber es sei ihnen ein Anliegen, dieses letzte Gespräch mi mir zu führen. Den Sekt ließe ich aber stehen (Wie intensiv man sich dagegen wehren muss!), genoss dafür umso den mitgebrachten Kuchen der besonders köstlichen Art.

Dann standen noch erste Zahlen der Personalplanung an. Diese wankt, weil die schulscharfe Stelle jetzt doch anders besetzt wird als gedacht. Fast einer Posse gleich und nur dank des persönlichen Kontaktes und Mitdenkens auf die Schnelle lösbar. Wie oft habe ich das bereits erwähnt und erlebt: Es kommt auf die persönliche Atmosphäre an, sei es ein Amt, ein Referent oder jemand im Ministerium. Wer sich kennt, respektiert und mag, räumt Hindernisse schneller weg!

Nachmittags dann die für mich zweite Gesamtkonferenz per Video. Wir hatten lange an der Vorbereitung gefeilt, vor allem bei dem digitalen Abstimmungsmodul. Fleißige Hände hatten da im Vorfeld gute Arbeit geleistet. Endlich sind zwei Leitfäden abgestimmt und die beweglichen Ferientage festgelegt. Am Ende, als ich mich da so auf dem Bildschirm sah, kam mir Mr. Tagesschau, Jan Hofer, in den Sinn. Als er seine letzte Sendung zu Ende moderiert hatte, zog er vor laufender Kamera seine Krawatte aus. Diese Szene kam mir in den Sinn, als dem Kollegium dankte und erwähnte, dass die meine letzte Gesamtkonferenz gewesen sei – und spontan zog ich meine Krawatte aus. Es folgten gleich im Anschluss sehr emotionale Rückmeldungen per Mail und auch noch welche auf dem Flur. Herrlich, welche Reaktionen eine solche Kleinigkeit auslöst.

 Fast hätte ich es vergessen: Die Abstimmung für das Jahrgangslogo der neuen fünften Klassen per IServ ist gestartet. Es wird in der abwechselnden Reihe wieder ei n männliches gesucht. Nahezu siebzig Vorschläge gingen ein, welch einen eifrigen und kreativen Jahrgang haben wir im letzten Jahr aufgenommen. Die zeichnerischen bzw. die gestalterischen Ausführungen unterscheiden sich natürlich deutlich und wenn man bedenkt, dass dieses Maskottchen über sechs Jahre Bestand haben und irgendwie zur Schulgeschichte gehören wird, rechtfertigt dies sicherlich eine Vorauswahl von zehn eingereichten Vorschlägen. Über siebzig anstimmen zu müssen, geht in Präsenz im Assembly, aber online ist dies kaum zu schaffen. Also stehen die Top Ten im Netz. Dabei ist Dobo Dubbeglas, Elvis und Eddy Elwetritsche, Garry Geißbock und Michi und Max Mandelblüte, Willy Winzer, Theo Traube, Paul Pfirsich, Bodo Bock, der zusätzlich das Wortspiel beinhaltet: Bock auf Schule. Gerade in Zeiten des coronabedingten und seit lange anhaltendem Wechsel- und Fernunterricht doch ein wunderbar ermunterndes Logo. Vielleicht ist das eine positive Auswirkung der ganzen Pandemie: die Kids vermissen die Schule, Schule erhält neben dem Lernen wieder einen ganz wichtigen Erlebensfaktor, der, da er „normal“ war, nicht mehr wahrgenommen wurde. Das Fehlen rückt ihn wieder in den Blickpunkt!


Die bisher erschienen Bücher sind erhältlich im: www.littera-verlag.de/Bücher
(Das Autorenhonorar kommt dem Förderverein der IGS zu Gute.)

Tagebuch_6 Soeben erschienen
„Schulleiters Tagebuch 6,
Die Baustelle und Corona“
2021


Letztens 2 „Letztens 2 - ,
Erlebtes rund um die Schule“
2020

Tagebuch 5
„Schulleiters Tagebuch 5,
Warten auf den Bau“
2017 – 2019

Letztens 1 „Letztens –
Schulleiters Tagebuch ergänzende Kolumnen“

tagebuch_4_ "Schulleiters Tagebuch 4,
Der Weg zum Abitur
2014 - 2017"

Tagebuch 1-3"Deshalb IGS -
Positionen und Hintergründe zur Integrierten Gesamtschule mit Beiträgen aus Schulleiters Tagebuch 1 bis 3"

Tagebuch 3 "Schulleiters Tagebuch 3,
Die ersten Abschlüsse,
2012 - 2014"

Tagebuch 2 "Schulleiters Tagebuch 2,
Der Start in Deidesheim,
2010 - 2012"

Tagebuch 1 "Schulleiters Tagebuch,
Der Start in Wachenheim,
2010 - 2012"