Schulleiter a.D. Dumonts Tagebuch

Tag 727 der Baustelle

Die jüngsten Lockerungen lassen das Singen zu. Das nutzte ich weidlich aus, um der heutigen Fünferklasse das Schullied zu singen. Oft hörten sie es von der Konserve aus der Bluetooth Box. Heute sollte es live erklingen. Erstmal hieß das Text sicherstellen durch lautes Chorsprechen. Dann den Ablauf klären: Vorspiel Gitarre – dann ein Durchgang Gesang mit allen – dann die „Wandseite“ allein – die „Fensterseite“ stimmt im Kanon ein – wenn die Gitarre aufhört: Klatschen im We-will-rock-you-Takt. Ja, was all die anderen Jahrgänge durch x-faches Singen in Musik und in Assemblys praktizieren konnten, musstet ihr im Schnelldurchgang heute vollbringen. Komplette Sicherheit lässt sich so nicht herstellen, aber immerhin: Seit über einem Jahr erklang das Lied einmal wieder gesungen!

Tag 726 der Baustelle

Und wieder habe ich einen neuen Begriff gelernt: Einsanden. Es geht um das Zuschütten, Auffüllen oder Einebnen des Hausanschlussgrabens. Die verkleideten Rohre für den Anschluss an das Fernwärmenetz liegen fertig (übrigens immer noch im Wasser). Nachdem ich auf jeder Seite elf Kernbohrungen gezählt habe, weiß ich jetzt: die mit dem größten Durchmesser waren für die Rohre der Fernwärme. Die anderen (notdürftig mit dem herausgebohrten „Kern“ verschlossen). Da ich im Mailverkehr drin bin, weiß ich, dass es Terminschwierigkeiten gibt. Das „Einsanden“ in zwei bis drei Stunden würde keinesfalls klappen. Sechs Mann hätten damit einen ganzen Tag zu tun. Erst am Folgetag könne der Graben geschlossen werden. So etwas kenne ich ja aus unterschiedlichen Zusammenhängen. Beruhigend ist, dass in der Antwortmail gleich zwei neue Termine genannt wurden, welche die angemessene Zeitspanne berücksichtigen.

Tag 724 der Baustelle

Immer wieder schneit so eine Hiobsbotschaft ins Haus: Ausgerechnet in dieser Woche stellt sich heraus, dass in dem Schülerverwaltungsprogramm Änderungen und Updates vorgenommen wurden, die sich aber nicht in unseren Zeugnisformularen wiederfinden. Wie ist das jetzt zu bewältigen? Am Donnerstag sollen die Neuntklässler verabschiedet werden. Die andere Baustelle im Graben draußen geht voran: Die isolierten Rohre für den Fernwärmeanschluss sind gelegt, liegen aber derzeit wieder im Wasser. Hmmm. Auch außen tut sich was am Rohbau: Die ersten Wärmedämmplatten sind angebracht, immer doppelt und wie eine Mauer versetzt, dass die Fugen nicht durchgehen und Kältebrücken bilden. Die Platten fallen außen dunkel aus, aber davor kommt ja noch die eigentliche Fassade. Jetzt wird mir klar, weshalb die Aufhängungen dafür so lang sind. Sie müssen ja die doppelt angebrachten Dämmplatten überragen.

Tag 723 der Baustelle

Als erstes informierte ich mich über die Aktion am vergangenen Freitag auf dem jüdischen Friedhof in Wachenheim. Die ist wohl sehr gut und mit Interesse und Engagement der Schülerinnen und Schüler verlaufen. Auch der Redakteur der Lokalredaktion war mit Fotograf gekommen, so dass ich auf den kommenden Artikel gespannt bin. In den nächsten Religionsstunden soll das Projekt „Reinigen der Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof“ weitergehen. Es haben sich so viele Kinder gemeldet, dass einmal mehr ausgelost werden muss. Sehr schön.

Tag 720 der Baustelle

Es sollte dies ein ruhiger Freitag werden. Wie so oft, kam es anders. Meine Musikstunden in Wachenheim waren ein drittes und letztes Mal mit Notenbesprechungen belegt. Die verbleibende Zeit wollte die Klasse partout den Cupsong einüben. Die Klasse von heute hat ihn auch besonders gut drauf. Ob sie ihn per Video gemeinsam geübt haben? Nachdem sich die gut funktionierende Durchgangszahl der zwanzig näherte, musste ich mir was einfallen lassen. Also zunächst mal zwei Gruppen: Wand- und Fensterseite abwechselnd, dann abwechselnd in Jungen- und Mädchengruppe, dann in vier Gruppen immer im Kreis…sie bekamen einfach nicht genug und alle Variationen klappten. Schließlich zeigte ich ihn noch kleinere Möglichkeiten: Ein Mädchen hält das Klassenbuch waagrecht, ein zweites spielt darauf mit dem Becher, ein kleiner Stehtisch mit vier Kindern – auch das geht, zusätzlich kam gut an: Becher einzeln in die Runde geben, bis alle mitspielen, dann wieder einsammeln und anderes mehr. Wunderbar und ich hoffe nur, dass es irgendeine Form der Begrüßungsfeier geben wird, bei welcher sie das alles vorführen können. Ich wünsche es auch von Herzen!

Tag 719 der Baustelle

So, der Monat, welcher mit meiner Versetzung in den Ruhestand enden wird, ist angebrochen und hat einen ganz besonderen Höhepunkt parat. Freilich ist es nach so vielen Jahren und nach etwa zehn Verfahren an der Schule eigentlich keine Besonderheit mehr, anlässlich einer Bewerbung auf eine Stelle ein Auswahlverfahren an der Schule zu haben. Neu war heute aber, dass ein anderes Referat zuständig war, damit ein unbekannter Referent seine Aufwartung machte und es immer spannend ist, wie hier Atmosphäre hergestellt und welchen Stellenwert dem inhaltlich-pädagogischen Bereich eingeräumt wird. Seit dreizehn Jahren arbeite ich nun mit dem Gymnasialreferat zusammen, kenne dort die Vorgehensweise und eine Großzahl der Menschen. Von meiner ursprünglichen Ausbildung her wäre aber das Referat der Realschule meine Heimat und das Referat war es ja sogar zusätzlich, als ich mit der Realschule plus am Ort ihr letztes Jahr als deren Schulleiter bestritt. So hatte ich es erneut mit fremden Menschen zu tun, konnte aber schnell Kontakt herstellen und siehe da: Zur Begrüßung gaben sich alle die Hand. Klingt komisch, aber in Zeiten der Pandemie und deren Lockerungen ist dies ja durchaus bemerkenswert.

Tag 718 der Baustelle

Bevor ich nach Wachenheim fuhr, war der große Bagger schon aktiv und machte sich an den beiden großen Haufen des Aushubs zu schaffen. Kurz darauf fuhr einer diese längeren Laster rückwärts in die Baustelle und ließ sich mit dem Aushub beladen. Da recht große Betonbrocken darunter waren, donnerte es ganz schön, wenn diese in den Kipper fielen. Mich verwunderte es, dass er nur bis zur Lukenkante beladen wurde, meines Erachtens hätte da noch die eine oder andere Baggerschaufel hineingepasst. Weshalb dies so war, eröffnete sich mir, als elektrisch (!) eine rote Plane über den Kipper gezogen wurde. Wo mag dieser Aushub hingebracht werden, dass er komplett abgedeckt wird?

Tag 717 der Baustelle

Der Graben für die Anschlüsse an den Neubau ist über die gesamte Breite des Hofes jetzt geöffnet, das heißt, zwischen dem Bestandsbau an der Mensa und dem Neubau klafft jetzt eine an den Wassergraben einer Burg erinnernde „Schlucht“. An der Kante sind zwei etwa vier Meter hohe Kegelberge mit dem Aushub entstanden. Die Baustelle ist daher wieder gut befüllt, die Elektriker müssen ihre Autos irgendwo außerhalb parken. Wohl dem, der da rechtzeitig zum Unterricht da ist, sonst ist der Parkplatz weg. Ein schönes Detail fiel mir auf: An der fast senkrechten Wand des Grabens war ein kleines Stück eingebrochen, so dass eine kleine Bruchstelle entstand. Einer der Arbeiter hatte seine Thermosflasche dort “hineingebohrt“. Mitten in der martialischen Baumaschinenlandschaft ein kleiner, fremd, aber heimelig wirkender Gegenstand der Zivilisation.

Tag 716 der Baustelle

Zu diesem komischen und verzwickten Jahr passt das ganz genau: Ich hatte den Eintragsschluss für die Zeugnisnoten nicht auf dem aktuellen Schirm. Nicht, dass ich jetzt in Not gerate, die Einzelnoten sind alle unter Dach und Fach, aber ich habe es mir angewöhnt, die Noten mit allen einzelnen Schülerinnen und Schüler zu besprechen. Dann gibt es keine Enttäuschung am Zeugnistag und jede/r weiß dann, wie ich zu eben dieser Note gekommen bin. Das stand heute im Vordergrund und wird auch in den anderen beiden Fünferklassen diese Woche der Fall sein.

Tag 713 der Baustelle

Von Wachenheim kommend, Musik in einer fünften Klasse, erblickte ich bereits am Durchgang unter dem Gebäude hindurch, einen großen Bagger. Schon während der Pfingstferien sollte ja ein Graben ausgehoben werden, in welchem Leerrohre zur Versorgung des neuen Gebäudes verlegt werden sollten. Nichts geschah. Heute nun sieht es so aus, als ob dieser Graben jetzt verspätet ausgehoben werden soll. Aber mit solch einem überdimensionierten Bagger? Das Baufahrzeug war aber zunächst wohl nur geliefert und geparkt worden, denn nichts tat sich. Dann hat der Bager noch mal ein ruhiges Wochenende.


Die bisher erschienen Bücher sind erhältlich im: www.littera-verlag.de/Bücher
(Das Autorenhonorar kommt dem Förderverein der IGS zu Gute.)

Tagebuch_6 Soeben erschienen
„Schulleiters Tagebuch 6,
Die Baustelle und Corona“
2021


Letztens 2 „Letztens 2 - ,
Erlebtes rund um die Schule“
2020

Tagebuch 5
„Schulleiters Tagebuch 5,
Warten auf den Bau“
2017 – 2019

Letztens 1 „Letztens –
Schulleiters Tagebuch ergänzende Kolumnen“

tagebuch_4_ "Schulleiters Tagebuch 4,
Der Weg zum Abitur
2014 - 2017"

Tagebuch 1-3"Deshalb IGS -
Positionen und Hintergründe zur Integrierten Gesamtschule mit Beiträgen aus Schulleiters Tagebuch 1 bis 3"

Tagebuch 3 "Schulleiters Tagebuch 3,
Die ersten Abschlüsse,
2012 - 2014"

Tagebuch 2 "Schulleiters Tagebuch 2,
Der Start in Deidesheim,
2010 - 2012"

Tagebuch 1 "Schulleiters Tagebuch,
Der Start in Wachenheim,
2010 - 2012"