Schulleiter a.D. Dumonts Tagebuch

Tag 353 der Baustelle

So, morgen geht es also ins Krankenhaus. Gleich um acht Uhr soll ich dran sein. In Zeiten von Corona ist ein Vorab-Abstrich notwendig. Ohne negativen Befund wird nicht operiert. Okay, dann melde ich mich mal ab ins Krankenhaus. Bin gespannt, was mich dort erwartet.

Tag 332 der Baustelle und Tag 24 der schrittweisen Schulöffnung

Ein erster Krankenhaustermin am Morgen brachte etwas Klarheit und auch Erstaunen. Die Operation wird arthroskopisch durchgeführt. Ist ja richtig spannend, was die Chirurgen heute alles machen: vier kleine Schnitte, jeder nur einen bis zwei Zentimeter lang, werden rund ums Knie angebracht. Durch diese Öffnungen werden dann Kamera, Licht und „Besteck“ hindurchgeschoben und quasi nur am Bildschirm operiert. Das gerissene Kreuzband wird auch nicht irgendwie „geflickt“, sondern ganz herausgenommen und durch ein „selbst gebasteltes“ ersetzt. Dazu wird aus der Oberschenkelmuskulatur eine etwa 28 Zentimeter lange Sehne entnommen, vier mal zusammengefaltet, mehrfach gedreht und als neues Kreuzband ins Knie eingebaut. Damit es auch hält, werden zwei Löcher in die Knochen gebohrt, durch welche die Enden der Sehne durchgefädelt werden und mittels eines Ankers (so etwas wie ein Kippdübel) befestigt. Allein die Vorstellung übt eine gewisse Faszination aus, aber auch Skepsis. „Das machen wir wöchentlich und seit zwanzig Jahren so. Ihnen mag das abenteuerlich vorkommen, für uns ist das Alltag!“, bekam ich auf meine Nachfrage zur Antwort. Allerdings, zu Zeiten von Corona, wurde der OP-Termin auf den 18. Juni festgelegt…das sind ja nochmal drei Wochen, dachte ich. Aber inzwischen hatten sich ja Blutergüsse und Schwellungen eingestellt, die erst abheilen müssen.

Tag 330 der Baustelle und Tag 22 der schrittweisen Schulöffnung

Nun also doch: Das hintere Kreuzband im rechten Knie ist gerissen, auch der Meniskus scheint noch was abbekommen zu haben. Das erfordert eine Operation im Krankenhaus. Ich werde daher längere Zeit ausfallen, vermutlich ist sogar das Schuljahr für mich gelaufen. Am Mittwoch habe ich einen Termin im Krankenhaus zur Vorbesprechung der Operation. Beruhigend ist die Erfahrung: Die Schule läuft weiter, auch ohne meine Anwesenheit, oder genauer gesagt bin ja telefonisch präsent.

Tag 323 der Baustelle und Tag 15 der schrittweisen Schulöffnung

Unverhofft kommt oft: Gestern bin ich mit dem Fahrrad gestürzt und habe mir schmerzhaft das Knie dabei verdreht. Der stechende Schmerz deutete mir direkt an, dass da etwas gerissen sein muss. Gebrochen ist nichts, ergaben die Röntgenaufnahmen gestern im Krankenhaus. Der Orthopäde heute nun glaubt auch nicht an einen Bänderriss, das würde andere Beugungen des Knies bedeuten. 

Tag 320 der Baustelle und Tag 12 schrittweisen Schulöffnung

Früh fuhr erneut ein größeres Fahrzeuggespann auf den Schulhof, ach nein, den gibt es ja da gar nicht mehr, also in die Baustelle. Ein weiterer Container wurde angeliefert und per fahrzeugeigenem Kran an Ort und Stelle gehievt. Er steht jetzt dort, wo die ersten Stellflächen aufgesprüht wurden. Es handelt sich aber nicht um das Büro, sondern um einen Toilettencontainer für die Bauarbeiter. Vermutlich war der kommende Wasseranschluss der Faktor, welcher diesen Standort nahe bei unseren Schülertoiletten bedingte. Auch er ist in leuchtendem Orange angestrichen. Da wird sich wohl bald ein „Oranje Team“ der besonderen Art ans Werk machen.

Tag 319 der Baustelle und Tag 11 der schrittweisen Schulöffnung

Seit Tagen beschäftigt mich unser Konto bei der Bank. Mit dem Wort „unser“ ist das Problem auch schon benannt: Eine Schule ist keine juristisch fassbare Person und kann daher kein Konto haben. Die übergeordneten Behörden (Schulträger und Land) können ebenfalls kein Konto befürworten, das nicht unter ihrem „Zugriff“ steht, Schulen dürften also nicht über Geld verfügen. Nun weiß ebenfalls jeder, dass diese beiden Eckpunkte nicht ausreichen. Wie sollten wir unsere jährlich über zwanzig Klassenfahrten mit hunderten von Überweisungen abwickeln, wie den Frankreichaustausch, wie die Bandklasse und all die anderen Kontobewegungen meistern, wenn wir kein Konto hätten? Rein theoretisch müsste das alles der Schulträger abwickeln. Der kann das aber bei den vielen Schulen logischerweise überhaupt nicht leisten. Ein Dilemma, das bereits von der Ministerin auf der letzten Landesdirektorenkonferenz angesprochen wurde. Sie hatte damals zugesagt, eine juristisch saubere Lösung finden. Zwischenzeitlich hat der Landesrechnungshof den Schulträger geprüft und genau das Bestehen dieser Schulkonten bemängelt. Ein Dilemma bisher ohne Ausweg. Natürlich habe ich dieses Konto vor Jahren bereits auf ein Treuhandkonto umgestellt, denn als Schulleiter bin ich natürlich eine juristisch fassbare Person. Daher fungiere ich als Kontoinhaber, mache durch das Treuhandkonto und den Schulnamen klar, dass es sich nicht um mein Geld handelt. Selbst wenn mir irgendetwas passieren würde, könnte dieses Geld nicht etwa in eine Erbmasse eingehen, logisch, es ist ja nicht mein Geld. Aber: Auch Schulnamen dürfen in der Kontenbezeichnung nicht auftauchen. Für mich bedeutete dies: Unterlagen zusammenstellen, Bankvollmachten nachweisen, Auszüge vorlegen usw. Zu Zeiten von Corona ein zusätzlicher Zeitfresser. Eine Lösung gibt es nach wie vor nicht wirklich, denn den Vorschlag, doch den Förderverein dazu einzusetzen halte ich für weltfremd. Ehrenamtlich arbeitenden Eltern kann ich doch nicht ein derart großes, rein schulisches Arbeitsfeld aufbürden. Eine vertretbare Regelung ist aber in Sicht, wird jetzt allerdings erstmal noch zusätzliche Zeit beanspruchen…

Tag 318 der Baustelle und Tag 10 der schrittweisen Schulöffnung

Plötzlich steht da der Bauzaun und ein Kollege, der in den alten Containern unterrichtete, musste unversehens nach seinen Stunden einen anderen Weg wählen. Wie das denn? Ich erfuhr um kurz vor acht von den Hausmeistern: „Heute um neun soll die Baustellenumzäunung aufgestellt werden“. Schön, dass der Schulleiter das auch mal erfährt, dachte ich mir. Aber zum Verwundern blieb keine Zeit, denn das bedeutete ja, dass die Zehntklässler bereits gleich in der ersten Pause „ihren“ ausgewiesenen Pausenhof nicht mehr nutzen konnten. Also gleich mal eine Durchsage starten. Und schon sah ich ein Gespann aus LKW und Anhänger mit hoch geladenen Baugittern in den Schulhof fahren. Vier Männer entluden ihn und innerhalb von dreißig Minuten gab es keinen Hof Ost mehr, sondern ein umzäuntes Baustellengelände.  Später wurde noch ein großer Bagger hertransportiert. Dieses Gespann konnte dann gleich die Einfahrt testen, durch welche in den kommenden Monaten wohl noch größere Fahrzeuge wie Betonmischer durchpassen müssen. Na also, nun geht es doch wirklich los. Allerdings wurde der Bagger „geparkt“, nachdem er die große Schaufel und ein anderes Aufsatzgerät abgeladen hatte. Gebaggert werden soll erst ab Montag. Bis dahin sollen weitere Container und eine Toilette geliefert werden. Sorge machte den Arbeitern der Wasserdruck. Ob der wohl für die Baustelle ausreichen wird? Gerade so, als hätten wir nicht jahrelang geplant, vermessen, untersucht und vorbereitet. Und dabei den Wasserdruck vor Ort außer Acht gelassen?

Tag 316 der Baustelle und Tag 8 der schrittweisen Schulöffnung

Die zweite Etappe der schrittweisen Schulöffnung stand heute an: die Gruppe der Woche B kam erstmals zur Schule zurück. Natürlich hieß das wieder, dass die Tutor/-innen in den ersten beiden Stunden die gleiche Belehrung und Einweisung vollziehen mussten wie vergangenen Montag. Auch die Masken des Landes wurden wieder gruppenweise abgeholt, alles ganz ähnlich der Erfahrung in der letzten Woche. Allerdings fiel mir gleich auf, dass dieser Teil der Klassen es irgendwie von vorneherein lockerer anging, weniger Betroffenheit, weniger Ernst, aber auch weniger Bedrückung. Gleich in der ersten Pause musste ich den Mindestabstand und das Tragen der Masken auch in der Pause anmahnen.

Tag 312 der Baustelle und Tag 4 der schrittweisen Öffnung der Schulen

Für knapp fünfzig Lehrkräfte habe ich ein Benutzerkonto bei der Plattform Webex beantragt. Bereits eine Stunde später galt das meinige durch eine E-Mail mit Bestätigungslink bereits als angemeldet. Gleich klickte ich mich ein, gab aber dann doch auf, weil ich keine Zeit hatte, mich da hinein zu vertiefen und es auszuprobieren.

Tag 311 der Baustelle und Tag 3 der schrittweisen Öffnung der Schulen

Eigentlich sollte ja am heutigen Tag die Baustelle im Hof Ost eingerichtet werden. Männer mit grellfarbigen Sprühdosen hatten auf dem Hof vor der Mensa bereits Markierungen aufgesprüht. Beim Blick vom Flur vor dem Sekretariat aus konnte man den Umfang zweier Baucontainer erahnen, eine Stelle war mit dem Wort „Büro“ gekennzeichnet, ebenfalls war zu erkennen, wo ein Fenster den Blick zu der künftigen Baustelle ermöglichen und an welcher Seite sich eine Tür befinden soll. Sah ganz so aus, als würde die Baustelleneinrichtung unmittelbar bevorstehen.


Die bisher erschienen Bücher sind erhältlich im: www.littera-verlag.de/Bücher
(Das Autorenhonorar kommt dem Förderverein der IGS zu Gute.)

Tagebuch_6 Soeben erschienen
„Schulleiters Tagebuch 6,
Die Baustelle und Corona“
2021


Letztens 2 „Letztens 2 - ,
Erlebtes rund um die Schule“
2020

Tagebuch 5
„Schulleiters Tagebuch 5,
Warten auf den Bau“
2017 – 2019

Letztens 1 „Letztens –
Schulleiters Tagebuch ergänzende Kolumnen“

tagebuch_4_ "Schulleiters Tagebuch 4,
Der Weg zum Abitur
2014 - 2017"

Tagebuch 1-3"Deshalb IGS -
Positionen und Hintergründe zur Integrierten Gesamtschule mit Beiträgen aus Schulleiters Tagebuch 1 bis 3"

Tagebuch 3 "Schulleiters Tagebuch 3,
Die ersten Abschlüsse,
2012 - 2014"

Tagebuch 2 "Schulleiters Tagebuch 2,
Der Start in Deidesheim,
2010 - 2012"

Tagebuch 1 "Schulleiters Tagebuch,
Der Start in Wachenheim,
2010 - 2012"