Schulleiter a.D. Dumonts Tagebuch

Tag 520 der Baustelle

Da es draußen auf dem neuen Pumptrack neben der Schule in Wachenheim einen Vorfall vor dem Unterricht gab, wollte ich mir heute von dieser neuen Attraktion einen frühmorgendlichen Live-Eindruck abholen. Hui, da war um viertel vor acht Uhr ganz schön was los. Da sausen die kleinen Roller für mich zu schnell über die hügelige Bahn, Jungs rufen lautstark: „Aus dem Weg!“, zu Fuß laufende Jungs springen zur Seite – mir stockte fast der Atem. Dass es hier auch schon mal emotional „eng“ werden kann, konnte ich mir gut vorstellen. Dennoch: Ein blaues Auge wegen eines heftigen Schlages kann hier dennoch niemand dulden!

Tag 519 der Baustelle

Da hören wir – in einem Fall – über Jahre nichts voneinander, im anderen Fall auch schon Monate nicht mehr, und dann erhalte ich von zwei Kolleginnen aus der Zeit in meiner ehemaligen Schule am gleichen Tag eine Nachricht. Beide waren in einem Jahrgangsteam, für welches ich als Stufenleiter verantwortlich war. Jaja, die alten Zeiten stecken uns Dreien noch immer im Geäst oder im Gedächtnis. Eine schöne Zeit, die ich trotz aller Erlebnisse als Schulleiter nicht missen möchte, oder vielleicht auch: Eine Zeit, die mir für eben diese Aufgabe die Grundlage schuf, von der ich bis heute noch zehre.

Tag 518 der Baustelle

Die Corona-Lage verschärft sich zunehmend, allerdings nicht bei uns in der Schule. Täglich muss ich dort in dem neu eingerichteten Portal die Zahlen der Schule eingeben und zwar nach Verdacht oder nach Bestätigung bei Lehrkräften und Schülerinnen und Schüler. Heute steht in allen vier Feldern seit Tagen wieder einmal eine Null.

Tag 514 der Baustelle

Ein richtiges Heimspiel, würde es im Fußball heißen: ein Unterrichtsbesuch in Deutsch zum Thema Kurzgeschichte. Da kenne ich mich aus, damit habe ich selbst lange gearbeitet und diese Gattung der Literatur empfand ich immer wieder als vom Feinsten. Ähnlich der Lyrik muss Sprache Wort für Wort kunstvoll gesetzt werden und hier wie dort geht es darum mit Sprache den Inhalt zu befördern. Mit den ersten Worten sind die Leser bereits mittendrin, ohne viel Worte der Einleitung fallen sie direkt in die Handlung, die einen kleinen aber aussagestarken Ausschnitt des Lebens beschreibt, verdichtet und oft schon im Titel andeutet. Heute ging es um eine Kurzgeschichte von Kurt Marti, die ich bisher gar nicht kannte. Eine schöne Stunde mit eifrigen Schülerinnen und Schülern. Da pulsierte die Schule, da war Atmosphäre drin, da hat ganz Vieles gestimmt. Was wohl die aus dem Studienseminar dazu gesagt hätten? Ich jedenfalls war rundum zufrieden.

Tag 513 der Baustelle

Ist wohl schon einige Jahre her, dass wir eine Wechselprüfung vom Lehramt für Grund- und Hauptschule zum Lehramt an Realschulen plus im Hause hatten. Heute war es soweit, die vermutlich letzte dieser Art, verzögert durch die Geburt eines Kindes und der sich anschließenden Elternzeit. Wir starteten in einer sechsten Klasse in Wachenheim. Wieder einmal fuhr der dazugehörige Fachleiter zunächst nach Deidesheim, jaja, der Doppelstandort…Nach der Stunde hieß es dann auf nach Deidesheim, für uns irgendwie Alltag, zumindest für einen Teil der Lehrkräfte, eine Besonderheit für die Prüferinnen. Eine davon erkannte ich aufgrund der Liste der Prüferinnen gar nicht am Namen, obwohl sie mir aus früheren Jahren bekannt war. Sie hatte einfach geheiratet und war „mir dann irgendwie durchgerutscht“. Der Kontakt war aber trotz Maske schnell wiederhergestellt.

Tag 511 der Baustelle

Seit Monaten (oder etwa seit über einem Jahr?) lag die Baustelle nicht so still da wie heute. Der Grund: erstmals in diesem Winter herrschte Frost. Da ist dann kein Beton zu verfüllen und die Bewehrungseisen sind am Boden gefroren. Die oberste Decke ist zur Hälfte geliefert, noch liegen einige der vorgegossenen Platten auf dem Boden. Gestern schienen drei, vier Platten falsch gegossen worden zu sein, denn mittels einer laut kreischenden Trennscheibe wurden sie halbiert. So viel daneben gegossen? Schließlich hörte ich, ob es stimmt, vermag ich nicht zu sagen, dass durch die Hebelwirkung der Kran die großen Deckenplatten nicht bis hinten an die Südseite heben konnte. Jedenfalls zog eine nicht zu verachtende Betonstaubwolke über den Schulhof und in Zeiten der intensiven Lüftung und der offenen Nottüren zog der Staub wie Nebel in die Flure. Hmm, Gesundheitsgefährdung durch Betonstaub oder durch Coronainfektion? Es handelte sich aber um wenige Platten, so dass der Staub sich gelegt hatte, bevor wir reagieren konnten. Jetzt haben die Reinigungskräfte die zusätzliche Arbeit.

Tag 507 der Baustelle

Noch ein Unterrichtsbesuch heute, allerdings nicht in eigener Sache wegen einer Dienstlichen Beurteilung, sondern bei einer Referendarin. Das heißt erneut, Vertreterinnen des Studienseminars und die Fachleiterin begrüßen, natürlich hinter Masken. Wie sie wohl ohne diese aussehen, fragte ich mich während der Stunde. Die Besprechung der Stunde verlief wie immer: Im Grunde war das eine große Stunde, die Lehrerpersönlichkeit kommt gut zur Geltung, und dann kommen die vielen „Aber“, zum Teil auf einer sehr tiefen Ebene.

 

Tag 503 der Baustelle

Durch die Unterrichtsbesuche und die mündlichen Abiturprüfungen habe ich selbst mehr von Mathematik verstanden, als vermutlich während meiner gesamten Oberstufenzeit, zumindest in meiner Erinnerung. Das stellte ich heute bei einem Unterrichtsbesuch in einem Grundkurs Mathematik fest. Die Schülerschaft zeigte sich heute von einer eher müden und zurückhaltenden Seite. Das brachte für mich den Vorteil, als Ungeübter länger nachdenken zu können.

Tag 500 der Baustelle

Bei anderen Veranstaltungen oder anderen Gegebenheiten ist die Zahl 500 eine Gedenkveranstaltung wert mit Reden, Prominenten, Sektempfang, vielleicht auch mit einem Streichquartett oder auch anderen Musikeinlagen. Unsere Baustelle hat heute diese magische Zahl an Tagen erzielt – wenn ich mich in der Chronologie nicht verzählt habe – und keiner hat es gemerkt. Nicht mal die am Bau Arbeitenden werden sich dessen bewusst gewesen sein, denn an Geräuschen war nur das Hämmern zu hören, mit welchem die Verschalungen von dem hart gewordenen Beton entfernt wurden. Nun werden als nächstes die vorgegossenen Wandteile für die nördlich gelegenen Räume angeliefert und dann die letzte Decke in diesem Bauabschnitt mit Stützen vorbereitet werden. Ja, ich habe die Hoffnung, dass die Weihnachtsferien den beendeten Rohbau erleben werden.

Tag 499 der Baustelle

Im Gegensatz zu gestern wollte unser Referent das Netzwerktreffen der Gesamtschulen im Bereich Neustadt Mitte als Präsenzveranstaltung durchführen. Also machte ich mich seit sehr langer Zeit mal wieder auf, diesmal nach Frankenthal. Wie schön, die Kolleginnen und Kollegen zu treffen, live, in Farbe und präsent. Ich nutze eine Regel weidlich aus: Wenn man isst, so ja auch bei uns in den Pausen, genügt der Abstand, die Maske kann dann runterrutschen. Also schaute ich, dass ich mich reichlich am Kuchen labte. Inhaltlich nahm erneut der Virus die Tagesordnung in Beschlag. Alle berichteten von der Situation an ihrer Schule, wie sie diesen Handhaben und welche Erfahrungen sie etwa mit den verschiedenen Gesundheitsämtern gemacht haben.


Die bisher erschienen Bücher sind erhältlich im: www.littera-verlag.de/Bücher
(Das Autorenhonorar kommt dem Förderverein der IGS zu Gute.)

Tagebuch_6 Soeben erschienen
„Schulleiters Tagebuch 6,
Die Baustelle und Corona“
2021


Letztens 2 „Letztens 2 - ,
Erlebtes rund um die Schule“
2020

Tagebuch 5
„Schulleiters Tagebuch 5,
Warten auf den Bau“
2017 – 2019

Letztens 1 „Letztens –
Schulleiters Tagebuch ergänzende Kolumnen“

tagebuch_4_ "Schulleiters Tagebuch 4,
Der Weg zum Abitur
2014 - 2017"

Tagebuch 1-3"Deshalb IGS -
Positionen und Hintergründe zur Integrierten Gesamtschule mit Beiträgen aus Schulleiters Tagebuch 1 bis 3"

Tagebuch 3 "Schulleiters Tagebuch 3,
Die ersten Abschlüsse,
2012 - 2014"

Tagebuch 2 "Schulleiters Tagebuch 2,
Der Start in Deidesheim,
2010 - 2012"

Tagebuch 1 "Schulleiters Tagebuch,
Der Start in Wachenheim,
2010 - 2012"