Schulleiter a.D. Dumonts Tagebuch

Montag, 27. April 2020


Tag 302 der Baustelle und Tag 43 der Schulschließung

Da hat die Zahl der Baustellentage mal gerade die dreihunderter Marke überschritten – und schon steht ein kleiner Bagger auf dem Schulgelände. Ich erkannte ihn gleich wieder, denn dieses kleine Baugerät hat im letzten Jahr den Boden für das Labyrinth vorbereitet. Heute hub er an verschiedenen Stellen acht Löcher aus, eine Frau mit Glasröhrchen sammelte etwas von dem Aushub ein, anschließend wurde das Loch wieder zugeschüttet. Da staunt der Schulleiter, muss neugierig nachfragen und bekam heraus, dass für den kommenden großen Aushub Proben entnommen werden. Um die Erde aus der künftigen Baugrube entsorgen zu können, muss sie schadstofffrei sein. Daher würde jetzt an verschiedenen Stellen Erde entnommen, die dann in einem Labor untersucht würde. Festgestellt wurde (jetzt erst?), dass weite Teile des Geländes aus Sand besteht. „Der muss komplett abgetragen werden und mit festem Baugrund ersetzt werden!“, meinte der Baustellenleiter aus Mainz. Wer baut schon eine Bildungseinrichtung auf Sand?

Für das heutige Schulleitungsteam, es sollte mal wieder ganztägig arbeiten, hatten wir die Arbeit thematisch aufgeteilt. Einzeln oder in Partnerarbeit stellten sich folgende Fragen, für die wir eine Lösung finden mussten: Wie können wir den Hygieneplan in einem schuleigenen Raumplan umsetzen? Wie werden Reinigungs- und Hygienevorschriften umgesetzt? Wie können die Schülergruppen über festgelegte Wege und Eingänge so gelenkt werden, dass möglichst wenig Kontaktmöglichkeiten entstehen und damit eventuelle Infektionen vermieden werden? Wie können wir die Pausen regeln, da es uns nicht möglich erschien, versetzte Pausen für vier Jahrgänge durchzuführen? Können wir gleich so planen, dass die bevorstehende Baustelle gleich mit einbezogen wird, weil dann der Hof im Osten nicht mehr genutzt werden kann? Welche Anforderungen erfordert der Stundenplan bei einer Rückkehr nach so vielen Wochen? Wie können wir die Oberstufe organisieren? Was ist mit Kursen unter fünfzehn Schülerinnen und Schülern? Wie setzen wir die Maßnahmen zur Leistungsfeststellung um? Im Grunde hingen die einen Fragen mit einer Lösung der anderen zusammen, so dass wir uns immer wieder mal zu einem Zwischenstand abstimmen mussten.

Weiter bestand Klärungsbedarf, etwa bei folgender Unsicherheit: Die Schule hatte ein Schreiben der Juristen des Ministeriums erhalten, wie die Noten in Zeiten der Schulschließung gebildet werden müssen, damit auch zu Zeiten von Corona, gerade in der Oberstufe, „wasserdichte“ Zeugnisse erstellt werden können. Es gab dazu drei Varianten: A: bei Öffnung der Schule am 4. Mai; B: zu einem späteren Zeitpunkt; C: bei geschlossenen Schulen bis zu den Sommerferien. Nach unserem Verständnis traf nun Variante A zu, denn wir würden ja am kommenden Montag die Schule wieder öffnen. In dem neuen Schreiben stand aber, dass nun Variante B gelte. Widerspruch? Fehlerteufel? Tippfehler? Für den weiteren Kursarbeitsplan hätte dies enorme Konsequenzen, denn bei Variante B kann die Anzahl der Klassen- und Kursarbeiten „ausnahmsweise“ die vorgegebene Anzahl unterschreiten, weil allein schon rein zeitlich nicht mehr alle Arbeiten geschrieben werden könnten. Auftrag an den Schulleiter: Versuche das in Mainz zu klären! Nach drei Anrufen hatte ich den Juristen selbst am Apparat. Er machte mich auf eine logische aber spitzfindige Deutung aufmerksam: Am kommenden Montag, also dem 4. Mai, käme doch nur ein Teil der Schülerinnen und Schüler zurück, die andere Hälfte käme erst am 11. Mai, also „zu einem späteren Zeitpunkt“ nach dem 4. Mai. Ergo: kein Fehlerteufel, daher Variante B. In sich logisch, aber da muss man erst mal draufkommen. Für uns bedeutete dies nun, dass nicht alle Klassen- und Kursarbeiten geschrieben werden müssen, sicherlich etwas entspannt für die Schülerinnen und Schüler, allerdings muss der komplette Kursarbeitsplan und damit irgendwie die komplette restliche Zeit des Schuljahres neu geplant werden. Zudem müssen alle größeren Veranstaltungen bis August ausfallen, neben verschiedenen Konferenzen auch der Elternabend der neuen Fünftklässler. Da müssen wir uns was einfallen lassen, aber vermutlich wird das der erste Jahrgang werden, mit dem ich das Schullied nicht werde einüben können. Also: Auch den Terminkalender neu schreiben und etwa die Zeugniskonferenzen so spät als irgendwie möglich terminieren und so fort. Ansonsten hatten wir am Nachmittag die notwendigen Pläne erstellt. Jeder Jahrgang kann in einem eigenen Gebäudeteil unterrichtet werden, wir haben die Zuwege so eingeteilt, dass jeder Jahrgang seinen eigenen Ein- und Ausgang benutzen kann und wir verfügen über genug Hoffläche, damit wir auch das Pausengeschehen entzerren können. Ein Reinigungs- und der Hygieneplan waren ebenfalls umgesetzt, so könnte es also laufen. Im Stundenplan haben wir montags in die erste Stunde den Klassenrat oder die Tutorenstunde gelegt, so können wir sowohl jetzt am Montag als auch alle Montage später alle Informationen direkt weitergeben. Eine gute Idee, die allerdings nicht mir einfiel! Und also ein Kompliment an die heutige Teamarbeit.


Die bisher erschienen Bücher sind erhältlich im: www.littera-verlag.de/Bücher
(Das Autorenhonorar kommt dem Förderverein der IGS zu Gute.)

Tagebuch_6 Soeben erschienen
„Schulleiters Tagebuch 6,
Die Baustelle und Corona“
2021


Letztens 2 „Letztens 2 - ,
Erlebtes rund um die Schule“
2020

Tagebuch 5
„Schulleiters Tagebuch 5,
Warten auf den Bau“
2017 – 2019

Letztens 1 „Letztens –
Schulleiters Tagebuch ergänzende Kolumnen“

tagebuch_4_ "Schulleiters Tagebuch 4,
Der Weg zum Abitur
2014 - 2017"

Tagebuch 1-3"Deshalb IGS -
Positionen und Hintergründe zur Integrierten Gesamtschule mit Beiträgen aus Schulleiters Tagebuch 1 bis 3"

Tagebuch 3 "Schulleiters Tagebuch 3,
Die ersten Abschlüsse,
2012 - 2014"

Tagebuch 2 "Schulleiters Tagebuch 2,
Der Start in Deidesheim,
2010 - 2012"

Tagebuch 1 "Schulleiters Tagebuch,
Der Start in Wachenheim,
2010 - 2012"