Schulleiter a.D. Dumonts Tagebuch
Donnerstag, 01. Juli 2021
Tag 719 der Baustelle
So, der Monat, welcher mit meiner Versetzung in den Ruhestand enden wird, ist angebrochen und hat einen ganz besonderen Höhepunkt parat. Freilich ist es nach so vielen Jahren und nach etwa zehn Verfahren an der Schule eigentlich keine Besonderheit mehr, anlässlich einer Bewerbung auf eine Stelle ein Auswahlverfahren an der Schule zu haben. Neu war heute aber, dass ein anderes Referat zuständig war, damit ein unbekannter Referent seine Aufwartung machte und es immer spannend ist, wie hier Atmosphäre hergestellt und welchen Stellenwert dem inhaltlich-pädagogischen Bereich eingeräumt wird. Seit dreizehn Jahren arbeite ich nun mit dem Gymnasialreferat zusammen, kenne dort die Vorgehensweise und eine Großzahl der Menschen. Von meiner ursprünglichen Ausbildung her wäre aber das Referat der Realschule meine Heimat und das Referat war es ja sogar zusätzlich, als ich mit der Realschule plus am Ort ihr letztes Jahr als deren Schulleiter bestritt. So hatte ich es erneut mit fremden Menschen zu tun, konnte aber schnell Kontakt herstellen und siehe da: Zur Begrüßung gaben sich alle die Hand. Klingt komisch, aber in Zeiten der Pandemie und deren Lockerungen ist dies ja durchaus bemerkenswert.
Wir erlebten im Anschluss an das Kolloquium eine herrliche Dienstbesprechung mit dem erweiterten Fünferteam. Was können wir für die Klassen adhoc noch Gutes tun, um allem Verlust um die Schulschließung herum einigermaßen entgegenzuwirken. Dazu wurde zunächst gesammelt, was einzelne Tutorenpaare oder Klassen so alles an Überlegungen umgesetzt hatten. Herrliche Ideen, etwa die einer digitalen Lesenacht von sieben bis elf mit Kindern in Schlafanzügen in ihren Betten, die dann auch schon mal wegnickten, ein häufiger Briefwechsel zwischen Klassen und Lehrkräften, täglicher gemeinsamer Beginn per Video, um sich alle zu sehen und anderes mehr. Einhellig waren die Lehrkräfte der Meinung, dass vor allem die soziale Komponente während dieses Jahres sehr gelitten hat. In einer Klasse tauchte gar das Problem auf, dass sich die Gruppen des Wechselunterrichts zwar untereinander gut kennen gelernt haben, dass aber, als die ganze Klasse wieder da war, sogar einzelne Namen nicht mehr gewusst wurden. Klar, die Klassen waren vor dem ganzen Lockdown nur kurze Zeit zusammen und dann kamen monatelang die Einschränkungen. Eigentlich unvorstellbar und doch wahr. Dabei geht es mir so gut, wenn solch engagierte Lehrkräfte an der Schule arbeiten. Auch die Ideen für die zwei eingeräumten Tutorentage zur Stärkung der Klassengemeinschaft sprudelten nur so. Die haben wir eingeräumt, weil dieser Jahrgang so gut wie nichts hatte: keinen ersten Elternabend, keine große Begrüßungsfeier, nur eine sehr eingeschränkte Integrationswoche, kein Grillen, keine Klassenfahrt, keine Assemblys – welch eine lange Negativliste! Kein Wunder, dass die Klassen kaum zueinander finden konnten. Vielleicht können die beiden Tage vor den Sommerferien ein klein wenig Linderung schaffen und Gemeinschaft stärken.
Im aufgestelzten Bereich in Deidesheim werden derzeit zwei Projekte umgesetzt. Zunächst soll ein Gitter das Anbringen von „Herzens-Schlössern“ ermöglichen, ein Trend, den man immer wieder an Brückengeländern oder ähnlichem beobachten kann. Dazu ist natürlich eine Grundierung notwendig. Sieht schon mal gut aus. Zum anderen hat der Deidesheimer Jugendtreff zwei der Betonwände zur Verfügung gestellt bekommen, auf welchen schon wild gesprayt wurde. Die Idee ist nun, sie künstlerisch so zu gestalten, dass damit das wilde Sprayen (oder Verschmieren?) zu verringert oder gar durch Hemmungen vor den wirklichen Kunstwerken ganz unterbunden wird. Erste Entwürfe habe ich geschickt bekommen. Wenn die so umgesetzt würden, sähe das toll aus: lebendig, jung, stylisch oder wie immer man die Motive anschließend bezeichnen will. Ich hoffe nur, dass sie die kommenden Bauarbeiten in diesem Bereich überstehen werden.