Schulleiter a.D. Dumonts Tagebuch

Dienstag, 01. Dezember 2020


Tag 511 der Baustelle

Seit Monaten (oder etwa seit über einem Jahr?) lag die Baustelle nicht so still da wie heute. Der Grund: erstmals in diesem Winter herrschte Frost. Da ist dann kein Beton zu verfüllen und die Bewehrungseisen sind am Boden gefroren. Die oberste Decke ist zur Hälfte geliefert, noch liegen einige der vorgegossenen Platten auf dem Boden. Gestern schienen drei, vier Platten falsch gegossen worden zu sein, denn mittels einer laut kreischenden Trennscheibe wurden sie halbiert. So viel daneben gegossen? Schließlich hörte ich, ob es stimmt, vermag ich nicht zu sagen, dass durch die Hebelwirkung der Kran die großen Deckenplatten nicht bis hinten an die Südseite heben konnte. Jedenfalls zog eine nicht zu verachtende Betonstaubwolke über den Schulhof und in Zeiten der intensiven Lüftung und der offenen Nottüren zog der Staub wie Nebel in die Flure. Hmm, Gesundheitsgefährdung durch Betonstaub oder durch Coronainfektion? Es handelte sich aber um wenige Platten, so dass der Staub sich gelegt hatte, bevor wir reagieren konnten. Jetzt haben die Reinigungskräfte die zusätzliche Arbeit.

Und dann war heute noch etwas ganz Besonderes: unsere erste Gesamtkonferenz per Video. Die neue Plattform IServ lässt dies zu und wir hatten Technik und Handhabung ja bereits in einer Schulleitungssitzung ausprobiert. Den „Konferenzraum“ hatte ich bereits Tage zuvor eingerichtet und da alle Lehrkräfte bereits in IServ angemeldet sind, konnte ich alle mit einem Klick einladen. Auch die Schülervertreter waren daher kein Problem. Mussten nur noch die drei stimmberechtigten Mitglieder des Schulelternbreirates den Zugang erhalten. Auch das hatten wir geplant und drei Zugänge für SEB eins, zwei und drei eingerichtet, weil die Namen vermutlich variieren werden. Auch wie die Präsentation auf den Bildschirm zu holen war, hatte ich vorher getestet. Damit bei den über siebzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer kein akustisches Chaos entsteht, hatten wir ausgemacht, alle Mikrophone auszuschalten. Folgenden hatten wir uns Ablauf überlegt: Die Konferenz startet mit einem Präsentationsteil, innerhalb dessen drei Themenkomplexe von unterschiedlichen Personen vorgestellt werden sollten. Leitender Moderator war natürlich der Schulleiter. Um Zwischenfragen oder Anmerkungen beitragen zu können, hatten wir die Chatfunktion aktiviert. Alle konnten also loswerden, was sie wollten, mussten dies allerdings in den Chat schreiben. Parallel zum „Hauptbildschirm“ saßen zwei Schulleitungsmitglieder in einem anderen Raum und verfolgten diesen Chatverlauf, der in einer Pause zusammengefasst wurde. Der zweite Teil sollte dann darauf eingehen und eventuelle Fragen klären, bevor dann per Abstimmungsmodul die Beschlüsse gefasst wurden. Alles Technische klappte soweit ganz ohne Probleme, nur die Zugänge für den Schulelternbeirat mussten mehrfach angeklickt werden, bis sie funktionierten. Per SMS meldeten sie sich: „Wir kommen nicht rein!“ Noch mal schnell überprüfen und justieren, dann öffnete sich der „Konferenzraum“ auch für die Eltern. Das Abstimmungsmodul rasselte die Stimmangabe herunter und in Windeseile, viel schneller als bei einer Präsenzkonferenz, war das Ergebnis am rechten Rand zu sehen. Wahnsinn!

Nach der Veranstaltung erhielten wir viele positive Rückmeldungen, Lob und Anerkennung für den (fast) reibungslosen Ablauf. Die letzten Gesamtkonferenzen und Dienstbesprechungen fanden pandemiebedingt mit Abstand in der Turnhalle statt. Im Vergleich dazu ist die Videokonferenz durchaus eine Alternative, wenn sie so reibungslos funktioniert wie heute. Abgesehen von einer inneren Anspannung und eines erhöhten Konzentrationsbedarfs beim Moderator, abgesehen auch von der eher „einbahnstraßenhaften Kommunikation“ leben für mich auch diese Treffen unter normalen Umständen durch die physische Anwesenheit der Kolleginnen und Kollegen. Als Schule im Team-Kleingruppen-Modell sehen sich manche Lehrkräfte ein halbes Jahr nicht, da kommen bei solchen Konferenzen ganz andere als inhaltliche Aspekte hinzu. Per Internet gibt es keine Aura, keine knisternde Atmosphäre in der Mensa und vor allem keine persönliche Begegnung. Daher wirkten die beiden Stunden für mich eher als technisch kühl, etwas distanziert, aber die Ergebnisse, die wir uns vorgenommen hatten, haben wir erreicht. Die heutige Konferenz forderte auch zusätzliche Kompetenzen in der Leitung einer solchen Veranstaltung, von denen ich nicht wusste, ob ich darüber verfüge. Wo lässt sich solches auch im Vorfeld erlenen? Wir alle stolpern ja eher durch die Pandemie, als wir mit festen Plänen und Schritten hindurchmarschieren. Vielleicht spielt auch das Ungewohnte mit hinein, das Neue und die technisch-digitale Unsicherheit. Wie dem auch sei, ich habe heute eine ganz neue und nicht erahnte Erfahrung gemacht und allein dafür hat sich die Videokonferenz gelohnt. Nun sind also auch wir (und bis hierhin erfolgreich) in eine neue, in eine digitale Zeit gestartet.


Die bisher erschienen Bücher sind erhältlich im: www.littera-verlag.de/Bücher
(Das Autorenhonorar kommt dem Förderverein der IGS zu Gute.)

Tagebuch_6 Soeben erschienen
„Schulleiters Tagebuch 6,
Die Baustelle und Corona“
2021


Letztens 2 „Letztens 2 - ,
Erlebtes rund um die Schule“
2020

Tagebuch 5
„Schulleiters Tagebuch 5,
Warten auf den Bau“
2017 – 2019

Letztens 1 „Letztens –
Schulleiters Tagebuch ergänzende Kolumnen“

tagebuch_4_ "Schulleiters Tagebuch 4,
Der Weg zum Abitur
2014 - 2017"

Tagebuch 1-3"Deshalb IGS -
Positionen und Hintergründe zur Integrierten Gesamtschule mit Beiträgen aus Schulleiters Tagebuch 1 bis 3"

Tagebuch 3 "Schulleiters Tagebuch 3,
Die ersten Abschlüsse,
2012 - 2014"

Tagebuch 2 "Schulleiters Tagebuch 2,
Der Start in Deidesheim,
2010 - 2012"

Tagebuch 1 "Schulleiters Tagebuch,
Der Start in Wachenheim,
2010 - 2012"